Montag, 13. Dezember 2004

Thabo Mbeki

Thabo Mbeki
Das Schweigen begegnet uns (auch) auf allerhöchster Ebene, im Ordinariat des Bischofs, im Ministerbüro, im Umfeld des Präsidenten. Nehmen wir den Tag im Oktober 2001, an dem eine Fragestunde zum Thema HIV/Aids im Südafrikanischen Parlament zu Kapstadt angesetzt ist. Thabo Mbeki, der Staats- und Regierungschef soll die Maßnahmen seines Kabinetts erläutern. Aber er antwortet nicht auf die Fragen der Abgeordneten. Er liest einen vorbereiteten Text ab, monoton, unbeirrbar, mit einem Schuss jener Arroganz, die die Macht verleiht. Der Präsident bezweifelt die hohe Infektionsrate in Südafrika und präsentiert veraltete Statistiken der Weltgesundheitsorganisation. Die ausländischen Beobachter auf der Pressetribüne schütteln den Kopf. Wie kann der Präsident des Landes mit der weltweit höchsten Zahl von Infizierten – damals bereits 4.7 Millionen Menschen! – die Lage bagatellisieren? Was treibt ihn dazu, den kausalen Zusammenhand von HIV und Aids zu bestreiten? Die Kommentatoren haben simple Erklärungen zur Hand. Mbeki verhalte sich typisch afrikanisch – unbelehrbar und borniert. Er sei, wie so viele Politiker auf diesem Kontinent, eben auch ein Anhänger der „Voodoo-Wissenschaft“.

Ist es wirklich so einfach?
Um Mbekis Haltung zu begreifen, müssen wir uns noch einmal vor Augen führen, wie die Aids-Pandemie weltweit wahrgenommen wird: als „schwarze“ Seuche, die zum Ende des 20.Jahrhunderts aus dem mittelalterlichen Dunkel Afrikas kroch. Hier sprang das Virus vom Tier auf den Menschen über, hier begann seine tödliche Passage um den Globus. Die Auslöser des Unheils waren nach allgemeiner Überzeugung primitive Urwaldmenschen, die Affenfleisch essen. Zum Common Sense gehört ferner, dass die Afrikaner das Virus durch ihr zügelloses Sexualleben verbreiten. Sie „schnakseln“ halt gern, sagt die bayerische Plapperfürstin Gloria von Thurn und Taxis – als ob mehr Sex etwas Verwerfliches wäre. Recht hat sie, rülpst der Stammtisch. Aber solche Klischees werden auch in gebildeten Ständen gepflegt, sie passen ins präformierte Bild von Afrika.

Ein Mann wie Thabo Mbeki, der die Vision von der African Renaissance entworfen hat, die Erneuerung des Kontinents aus eigener Kraft, muss die immer gleichen Stereotype als tiefe Kränkung empfinden. Was soll er dazu sagen, wenn ihm ein weißer Ingenieur per e-mail mitteilt, da Aids gar nicht schnell genug gehen könne, damit die „Kaffern“ endlich verrecken? Mbeki gehört zu einer Generation, die ihr Leben dem Befreiungskampf gegen die Apartheid gewidmet hat, gegen ein System, das dieses kranke Denken kultivierte. Nun, da die Apartheid überwunden wurde, sterben die Befreiten. Man sucht händeringend nach Erklärungen, warum das so ist. Und entdeckt die Hypothesen von David Rasnick oder Peter Duesberg, zwei der so genannten Aids-Dissidenten aus Amerika. Sie reden von der „Viruslüge“. Bestreiten, dass HIV sexuell übertragen wird und zu Aids führt. Behaupten, die Armut sei die wahre Ursache des Massensterbens. Die neue südafrikanische Machtelite nimmt derartige Irrlehren gerne auf. Denn durch sie lässt sich die Pandemie auf die elenden Lebensbedingungen zurückführen, welche die Apartheid hinterlassen hat.

Quelle: ACH, AFRIKA; Bartholomäus Grill

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