Therapie

Montag, 13. Dezember 2004

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Die Afrikaner, immerhin 13 Prozent der Erdbevölkerung, kaufen nur ein Prozent der Weltproduktion an Medikamenten. Geht es indes um pharmakologische Feldversuche, sind sie gefragtes Humanmaterial. Der Konzern Pfizer aus New York wurde zum Beispiel beschuldigt, in Nigeria wilde Tests mit an Meningitis erkrankten Kindern durchgeführt zu haben. Aber werden auf dem Felde von HIV/Aids nicht gewaltige Forschungsanstrengungen unternommen? Und könnten deren Ergebnisse nicht schon bald auch den Entwicklungsländern zugute kommen? Die Einwände sind berechtigt. Sie übersehen nur das Hauptproblem: die Armut.

Quelle: ACH, AFRIKA; Bartholomäus Grill

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600 Aids-Tote in Deutschland im Jahre 2002 – das ist schlimm. Aber welches Umstandswort könnten wir angesichts der 6300 Aids-Kranken verwenden, die jeden Tag in Afrika sterben? Es fällt uns keines ein. Stephen Lewis, der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs Kofi Annan für HIV/Aids in Afrika, erklärte bei der Vorlage seines letzten Jahresberichts: „Am 11. September 2001 starben 3000 Menschen durch einen furchtbaren Terrorakt, und in ein paar Tagen redete die Welt von Hunderten von Milliarden Dollar für den Kampf gegen den Terror ... 2001 starben 2,3 Millionen Afrikaner an Aids, und man muss bitten und betteln um ein paar hundert Millionen Dollar.“
Als der kanadische Ex-Diplomat von seiner jüngsten Rundreise durch Lesotho, Simbabwe, Malawi und Sambia nach New York zurückkehrte, legte er alle Zurückhaltung ab. ER sprach von einer Art „pathologischem Gleichmut“ und warf dem reichen Teil der Welt mass murder by complacency vor. Frei übersetzt: Massenmord, begünstigt durch satte Selbstzufriedenheit (Gleichgültigkeit).

Quelle: ACH, AFRIKA; Bartholomäus Grill

Prozess um Patent

Pretoria High Court, Gerichtssaal 2D, März 2001.... Das Urteil hat globale Bedeutung. Da stehen sich der reiche Norden und der arme Süden exemplarisch gegenüber, drei Dutzend Pharmakonzerne aus den Industriestaaten, darunter Boehringer Ingelheim, Merck, Rhone-Poulenc, Hoffman-La Roche und, stellvertretend für die Entwicklungsländer, die Regierung Südafrikas. David gegen Goliath also. Der Riese verteidigt den internationalen Patentschutz, um an seinen Produkten weiterhin exklusiv zu verdienen. Der Zwerg beruft sich auf seine Verfassung, in der das Grundrecht auf Leben verankert ist, und fordert den verbilligten Zugang zu Medikamenten. Denn gerade dort, wo Anti-Aids-Cocktails am dringlichsten gebraucht werden, sind sie unerschwinglich: 95 Prozent der HIV-Infizierten leben in den Armutszonen der Welt. In diesem Fall heißt das Gesetz des freien Marktes: Wer nicht zahlen kann, stirbt. Die Regierungen im Süden haben eine Verpflichtung gegenüber ihren Bürgern. Südafrika will sich durch ... Generika, Nachahmepräparate, behelfen, die im eigenen Land kostengünstig erzeugt werden. Die Brasilianer haben es vorgemacht: man zerlege ein Markenprodukt, klaue die patentgeschützte Formel, braue eine Kopie unter neuem Namen zusammen und bringe sie kostenlos unters Volk. In Brasilien soll die Sterberate bei Aids dadurch um fünfzig Prozent gesunken sein – ein Resultat, das sich nur schwer überprüfen lässt. Die Pharmaindustrie nennt diese Form der Selbsthilfe Piraterie und beruft sich auf ein Schutzabkommen der Welthandelsorganisation WTO, das internationales Patentrecht und globalen Freihandel verknüpft. Südafrika ignorierte alle Abmahnungen - schließlich geht es nicht um Computer-Software oder Musiktitel, sondern um Menschenleben.
Südafrika landete prompt auf der watchlist 301 für ökonomische Missetäter; Washington soll sogar überlegt haben, dreißig Millionen Dollar Entwicklungshilfe zu stornieren.
Vor dem Gerichtsgebäude in Pretoria zirkulieren Flugblätter. Sie klagen den entfesselten Kapitalismus an, das Freihandelsdiktat der Reichen, die Menschenverachtung der Multis. „ Was kümmert uns euer geistiges Eigentum? Unsere Leute verrecken!“ , ruft ein Aktivist. Die Advokaten ahnen, dass dieser Prozess zu einem Waterloo werden und das Ansehen der Pharmaindustrie schwer schädigen könnte – und ziehen die Klage zurück. Man bekräftigt im gegenseitigen Einvernehmen die Ausnahmeregelung der WTO, die im Falle eines nationalen medizinischen Notstandes angewandt werden kann. In Südafrika herrscht dieser Notstand. Der Weg zum Import oder zur Eigenproduktion billigerer Medikamente ist frei.

Die Gesundheitskrieger können bestenfalls die Auswirkungen der Pandemie abschwächen, vor ihren Ursachen aber müssen sie kapitulieren. Wenn sie merken, dass Aids nicht nur ein medizinisches, sonder ein ökonomisches, soziales und kulturelles Problem ist, dann sind sie in Afrika angekommen. Dann wissen sie: Es gibt keine einfache und schnelle Lösung mit der chemischen Keule. Und spätestens dann erscheinen ihnen die Thesen von Präsident Thabo Mbeki in einem milderen Licht: Der wahre Feind ist die Massenarmut. Sie ist zwar nicht die Ursache der Seuche, aber sie bereitet den Mutterboden, auf dem sie sich entfaltet.
Quelle: ACH, AFRIKA; Bartholomäus Grill

Ärzte ohne Grenzen in Südafrika

Im Township Khayelitsha in Südafrika wird gefeiert: Der Tausendste HIV/Aids-Patient bekommt lebensverlängernde antiretrovirale Behandlung
Südafrika 2004:
Grund zu feiern: 1.000 Patienten erhalten in Khayelitsha jetzt antiretrovirale Medikamente.
© Eric MillerAm 29. April 2004 wurde im südafrikanischen Township Khayelitsha, in der Nähe von Kapstadt, gefeiert. Der Tausendste HIV/Aids-Patient konnte in das von ÄRZTE OHNE GRENZEN betreute Programm zur Behandlung mit lebensverlängernden antiretroviralen Medikamenten aufgenommen werden.
Bereits seit Mai 2001 bietet die Organisation in drei HIV/Aids-Tageskliniken in Khayelitsha Patienten mit HIV/Aids eine lebensverlängernde Behandlung an. Seitdem stellen die Mitarbeiter fest, dass die Menschen zunehmend bereit sind, sich mit der HIV-Thematik auseinander zu setzen. Mehr und mehr lassen sich auf HIV testen und kommen bei Bedarf in die Tageskliniken. Dort werden fast 6.000 betroffene Patienten betreut, und 1.000 erhalten inzwischen auch antiretrovirale Arzneimittel.
Der Erfolg der HIV/Aids-Tageskliniken resultiert aus der sehr engagierten Arbeit der Gemeinde Khayelitsha, des medizinischen Personals, der Patientenbetreuer und der Mitarbeiter, die im Township Aufklärungsarbeit leisten.
Im Jahr 2003 wurde das Programm von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum besten Modellprojekt zur Behandlung mit antiretroviraler Therapie ernannt und ist mittlerweile weltweit bekannt.
Trotz der Freude über alles bisher Erreichte ist aber auch klar, dass allen Beteiligten noch viel Arbeit bevorsteht: 50.000 Menschen leben in Khayelitsha mit HIV/Aids, und 5.000 von ihnen benötigen eine Behandlung mit lebensverlängernden Medikamenten. Immer noch stecken sich viele mit HIV an – insbesondere Jugendliche. Die Anstrengungen von ÄRZTE OHNE GRENZEN sind darauf ausgerichtet, dass jeder Patient mit HIV/Aids in Khayelitsha versorgt werden kann. Zudem arbeitet die Organisation verstärkt an der Einführung von Präventionsmaßnahmen.

Montag, 25. Oktober 2004

Generika

Generika - geprüfte und erprobte Arzneimittel

Grundsätzlich gilt: Der Wirkstoff eines Generikums ist qualitativ und quantitativ identisch mit dem Wirkstoff des entsprechenden Originalpräparates.

Für jedes Arzneimittel muß bei der jeweils zuständigen Behörde eine nationale oder europäische Zulassung beantragt werden (Erstanmelder). Sobald der Verwertungsschutz für ein Arzneimittel ausgelaufen ist, können Zweitanmelder auf die Erstanmelder-Unterlagen, auf pharmakologisch-toxikologische und klinische Prüfungen, sowie auf dessen Sachverständigengutachten Bezug nehmen.

Im Arzneimittelrecht wird also der Originalhersteller eines Präparates als Erstanmelder (Vorantragsteller), der Generikahersteller als Zweitanmelder bezeichnet.

Fazit: Generika tragen nach Patentablauf des Wirkstoffes eines Originalpräparates in erheblichem Maße zu einer kostengünstigen und dabei qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung bei.


Südafrika - HIV/Aids-Medikamente aus Brasilien senken Behandlungskosten

Johannesburg/Berlin, 29. Januar 2002. Die internationale Organisation ÄRZTE OHNE GRENZEN wird in Südafrika künftig HIV/Aids-Patienten mit generisch hergestellten Medikamenten aus Brasilien behandeln. Damit können die täglichen Behandlungskosten pro Patient von 3,20 US-Dollar auf 1,55 US-Dollar gesenkt werden. Drei Mitglieder der südafrikanischen Organisation Treatment Action Campaign (TAC) haben gestern bereits zum zweiten Mal die kostengünstigen brasilianischen Arzneimittel nach Südafrika eingeführt. Im Township Khayelitsha in der Provinz Westcap werden bereits 50 Patienten mit dem Aids-Cocktail aus Brasilien behandelt.
"Brasilien zeigt, was möglich ist, wenn eine Regierung das Problem HIV/Aids ernsthaft angeht. Dort werden selbst in den ärmsten Regionen kostenlose HIV/Aids-Medikamente zur Verfügung gestellt, und Tausenden Menschen wird so die Chance gegeben weiterzuleben", sagte Zackie Achmat von TAC heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Johannesburg. Nach Ansicht von ÄRZTE OHNE GRENZEN, TAC und Oxfam ist die südafrikanische Regierung nach ihrem Sieg gegen 39 internationale Pharmakonzerne im April 2001 jetzt gefordert, ein ähnliches Programm ins Leben zu rufen. "Die südafrikanische Regierung sollte Zwangslizenzen vergeben, die es ihr ermöglichen, preisgünstige Medikamente entweder selbst herzustellen und/oder generisch aus anderen Ländern zu importieren und so die im weltweiten Vergleich kostengünstigsten Medikamente zu nutzen", sagte Dan Mullins von Oxfam.
Im Township Khayelitsha behandelt ÄRZTE OHNE GRENZEN seit Mai 2001 HIV/Aids-Patienten mit der Dreifachtherapie. "Damit zeigen wir, dass es möglich ist, auch unter einfachen Bedingungen HIV/Aids-Patienten antiretroviral zu behandeln. Menschen, die keine Hoffnung mehr hatten, können so wieder ein normales Leben führen", sagt Dr. Eric Goemaere von ÄRZTE OHNE GRENZEN. "Diese Medikamente können sicher und effektiv in Südafrika angewendet werden, und als Ärzte haben wir die Pflicht, die Behandlung so vielen wie möglich zukommen zu lassen."
Behandelt wird mit dem Präparat AZT/3TC kombiniert mit Nevirapin. Die Arzneimittel, deren Qualität bereits von der südafrikanischen Arzneimittelbehörde (Medicines Control Council/MCC) bestätigt wurde, bezieht ÄRZTE OHNE GRENZEN bei dem staatlichen brasilianischen Hersteller FarManguinhos. Grundlage hierfür ist eine Vereinbarung zwischen ÄRZTE OHNE GRENZEN, dem brasilianischen Gesundheitsministerium sowie der staatlichen Forschungseinrichtung Fiocruz, die zum Ziel hat, die HIV/Aids-Behandlung in ärmeren Länder zugänglich zu machen.
Seit 1996 stellt die brasilianische Regierung den Aids-Cocktail für alle Betroffenen, derzeit mehr als 100.000 Menschen, kostenlos zur Verfügung. Damit konnte die HIV-Sterberate um 50 Prozent gesenkt werden. Zwischen 1997 und 2000 hat Brasilien zudem 677 Millionen US-Dollar unter anderem an Krankenhauskosten eingespart.

ÄRZTE OHNE GRENZEN

Antiretrovirale Therapie

Die ART ist eine gegen HIV gerichtete Chemotherapie mit verschiedenen Medikamenten in Kombination. Diese hemmen spezielle Virusenzyme, die zur Vermehrung von HIV in menschlichen Zellen (z.B. Makropagen, T-Helferzellen) gebraucht werden. Zwei dieser Enzyme können inzwischen "blockiert" werden:

die Reverse Transkriptase, die vom Original der viralen Erbsubstanz Kopien in Form menschlicher Erbsubstanz anfertigt. Diese "gefälschte" Erbanlage kann in die Wirtszellen eingebaut werden, um daraus neue Viren zu produzieren. Die blockierenden Medikamente heißen deshalb Reverse-Transkriptase-Hemmer (RTH). Sie werden als "falsche Bausteine"
in die Erbsubstanz eingebaut und unterbrechen so die Virusproduktion.
die Protease, die aus mehreren Virusvorstufen komplette neue Viren reifen läßt. Die Hemmung dieses Enzyms ergibt unreife, nicht-infektiöse Viren. Die Medikamente dieser Gruppe heißen Protease-Hemmer.
Weitere Medikamente und Medikamentengruppen sind in der Erprobung.
Virushemmende Medikamente verlängern in der Regel die symptomfreie Zeit oder bessern Symptome. Ihre Nebenwirkungen sind sehr unterschiedlich und variieren je nach Patient.
Die Medikamente bewirken, dass die Zahl der CD4-Zellen zu- und die der freien Viren im Blut ("Viruslast") abnimmt, ein Zeichen für eine verbesserte Immunfunktion und eine geringere Virusvermehrung. Auf diese Weise soll das Voranschreiten der Erkrankung gebremst werden. Die genannten Medikamente werden miteinander kombiniert, wodurch sich ihre Wirkungen noch steigern lassen und das Risiko, dass sie unwirksam werden (Resistenzentwicklung), gesenkt wird. Zur Zeit wird untersucht, durch welche Kombinationen und Kombinationsfolgen sich die Wirkungsdauer weiter verlängern lässt. Inzwischen hat sich gezeigt: Eine Kombinationstherapie - zur rechten Zeit begonnen, individuell zugeschnitten und richtig durchgeführt - kann die Lebenserwartung erhöhen.

Ithemba

(Zulu: "Hoffnung")
ithemba
VIDEO:
http://mediathatmattersfest.org/mtm04/index.php#
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