Montag, 25. Oktober 2004

Südafrikas Aids-Politik

Lange hatten Gesundheitspolitiker, Mediziner, Positive und Therapieaktivisten die zögerliche bis untätige Haltung der südafrikanischen Regierung beim Thema AIDS beklagt. Insbesondere wirksame Medikamente waren lange Zeit nicht oder nur unzureichend verfügbar. Nun zeichnet sich vorsichtig eine schrittweise Änderung der AIDS-Politik Südafrikas ab.Nachdem die Klage internationaler Pharmakonzerne gegen das südafrikanische Patentrecht abgewiesen worden war, die Konzerne die Preise antiretroviraler Medikamente im Land gesenkt hatten und Generika-Hersteller eine noch preisgünstigere Medikamenten-Versorgung angeboten hatten, hatten Patienten und Behandler gehofft, nun würde Südafrikas Positiven zügig antiretrovirale Therapien zur Verfügung gestellt werden können. Doch lange hatte die südafrikanische Regierung unter Präsident Tabo Mbeki gezögert Medikamente zuzulassen, in öffentlichen Stellungnahmen immer wieder mögliche Nebenwirkungen und Gefahren beklagt. Mbeki hatte sich selbst zu der Äußerung hinreißen lassen, die AIDS-Medikamente seien möglicherweise gefährlicher als die AIDS-Erkrankung selbst. Vermutungen, die Mbeki eine Nähe zu den sogenannten 'AIDS-Dissidenten' nachsagten, kamen immer wieder hoch und wurden von offizieller Seite nie dementiert.
Trotz der alarmierend hohen Infektions- Zahlen in seinem Land vertrat er öffentlich die Meinung, daß Kondome die Männlichkeit entehren würden. Die Gesundheitsministerin stimmte ihm darin auch noch zu! Wie soll jedoch SAFE SEX gefördert werden, wenn Repräsentanten wie Staatsoberhaupt und Ministerin sich dagegen aussprechen? Zudem boykottierte der Nachfolger MANDELAs die Ausgabe des Medikamentes NEVIRAPINE, das den Blutkontakt zwischen Mutter und Kind während des Geburtsvorganges hemmt, so daß eine Chance besteht, daß das Neugeborene ohne den Virus zur Welt kommt. MBEKI wollte NEVIRAPINE nicht freigeben, weil das Medikament seiner Meinung nach noch nicht ausreichend auf Nebenwirkungen untersucht worden ist. Während einige Regionen seit längerem das Medikament trotz allem austeilen und sich somit dem Präsidenten widersetzten, ist Anfang 2002 gerichtlich entschieden worden, NEVIRAPINE landesweit freizugeben. Auch die südafrikanischen Jugendlichen von M.U.K.A (Material 1) sprechen sich für das Medikament aus. Solange es keine andere Alternative gibt, ist die Unwissenheit über (Langzeit-) Nebenwirkungen im Moment das kleinere Übel!

Selbst Proteste nationaler und internationaler Experten und Organisationen hatten zu keiner Änderung der zögerlichen Haltung Mbekis und seiner Regierung geführt. Doch seit Mitte April häufen sich die Anzeichen, dass Südafrika seine AIDS-Politik ändert. Am 17. April kündigte das Kabinett an, zumindest Vergewaltigungsopfern solle zügig die Behandlung mit AIDS-Medikamenten ermöglicht werden. Südafrika hat eine der höchsten Vergewaltigungsraten der Welt. Eine Million Frauen und Mädchen werden nach Schätzungen des nationalen Krisenzentrums für Vergewaltigungsopfer pro Jahr vergewaltigt. Zudem kündigte das Gesundheitsministerium am gleichen Tag an, es werde ein Programm vorbereiten, das den Einsatz von AIDS-Medikamenten an staatlichen Krankenhäusern organisiere. Implizit enthielt die Stellungnahme des Ministeriums auch die Auffassung, die Einnahme der Medikamente könne die Ausbreitung von HIV im Körper hemmen - ein deutlicher Richtungswechsel im Vergleich zur bisherigen skeptischen Haltung auch der Gesundheitsministerin. Zudem wies Mbeki das Gesundheitsministerium wenige Tage später an, den sog. 'AIDS-Dissidenten" schriftlich zu untersagen, Mbekis Namen weiterhin bei der Propagierung ihrer Thesen zu verwenden. Bisher hatten 'AIDS-Dissidenten', von denen einige auch Mitglied in Mbekis AIDS Advisory Panel sind, immer wieder Mbekis Namen verwendet, wenn sie den Zusammenhang zwischen HIV und AIDS in Frage stellten. Mbeki soll sich nun entschieden haben, sämtliche informellen Kontakte zu ihnen abzubrechen und nur noch auf den offiziellen Treffen des Beratungsgremiums (dessen Mitglieder sie weiterhin bleiben) mit ihnen zu diskutieren. Aktivisten der Treatment Action Campaign TAC zeigten sich erfreut ob des Richtungswechsels der AIDS-Politik. Südafrikas früherer Staatspräsident Nelson Mandela äußerte, AIDS sei derzeit die größte Bedrohung für das Land. Neben der Verfügbarkeit wirksamer Medikamente seien nun auch Aufklärungskampagnen sowie eine Bekämpfung der Armut dringend erforderlich. Mandela zeigte sich erleichtert, dass die Regierung nun ein nationales Nevirapin-Programm plane, um die Mutter-Kind-Übertragung zu reduzieren. (sz/ft/aegis/kaiser)

Trackback URL:
https://aids.twoday.net/stories/378108/modTrackback

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Archiv

Oktober 2004
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
27
28
29
30
31
 
 

Aktuelle Beiträge

Bloggen gegen AIDS
Unterstützt doch die Aktion von Unicef http://www.unicef.de/aids _blog_gegen_aids.html in.. .
real-gone - 26. Apr, 15:37
Aidsdissidenten
auch sowas gibt's! soll man da lachen oder weinen?...
alex.arch - 17. Dez, 20:17
Ärzte ohne Grenzen
http://www.aerzte-ohne-gre nzen.de/Medikamentenkampag ne/Kampagne-vor-Ort/Suedaf rika-Lusikisiki.php hier. ..
alex.arch - 15. Dez, 20:44
Übertragung durch Verletzung
Da mir trotz detaillierter Infos im Netz noch immer...
nell - 15. Dez, 14:59
Thabo Mbeki
Das Schweigen begegnet uns (auch) auf allerhöchster...
nell - 15. Dez, 11:06

Status

Online seit 7135 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 26. Apr, 15:37

Credits


Aidswaisen
Daten und Fakten
Definitionen
Dissidenten
Erfolge in Uganda
Frauen
Links
Praevention
Regierungsmassnahmen
Therapie
Warum Suedafrika
Zeitungsartikel
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren